Was RPG-Schreiben in uns auslöst und warum wir immer wieder zurückkehren
Manche Menschen meditieren. Andere laufen Marathon. Und wieder andere… schreiben. Nicht allein, sondern gemeinsam. In Rollen. Im Rhythmus der Emotionen. Beim RPG-Schreiben wird der Kopf zum Kino, das Herz zum Resonanzraum. Und das Besondere daran? Es passiert nicht in Isolation sondern im Austausch mit anderen, die ähnlich fühlen, denken, fantasieren.
Dieses Format ist schwer zu greifen, wenn man es nie erlebt hat. Und doch erzählen fast alle, die RPGs schreiben, dass sie nicht mehr davon loskommen. Warum? Weil es eine der wenigen kreativen Methoden ist, die Intensität und Gemeinschaft zugleich erzeugen.
Man schreibt nicht für Likes, nicht für Leserzahlen. Man schreibt, um zu sein. Um zu erleben. Und manchmal, um Dinge zu sagen, die man im echten Leben nicht sagen kann.
Flow, Figuren, Freiheit: was beim Schreiben wirklich passiert
Es gibt diese Momente, da verschwinden Zeit und Raum. Deine Finger tippen, dein Kopf feuert Szenen. Du spürst, wie eine Figur liebt, zweifelt, kämpft. Dieser Zustand hat einen Namen: Flow. Er ist wissenschaftlich belegt und tritt besonders oft bei kollaborativen Formaten auf, die weder Druck noch Perfektion erwarten.
Was du dabei entwickelst? Mehr als nur Stil. Du lernst, aus Perspektiven zu denken, Emotionen in Sprache zu gießen, mit Unvorhersehbarkeit umzugehen. Du trainierst Empathie, Geduld, Klarheit und wirst mit jeder Szene ein Stück mehr zur Erzählerin, zum Erzähler.
Quickfact:
Empathietraining: Wer regelmäßig aus der Sicht fiktiver Figuren schreibt, stärkt nachweislich seine Fähigkeit zur Perspektivübernahme im echten Leben.
Viele, die RPG schreiben, berichten, dass sie dadurch tiefer in ihre eigenen Geschichten finden, weil die Figuren ihnen ständig etwas Neues beibringen. Über sich selbst, über Konflikte, über Nähe.
Wenn Schreiben zu Selbstwirksamkeit wird
In einer Welt, in der vieles fremdgesteuert wirkt, schafft RPG-Schreiben ein Gegengewicht: Du bestimmst. Nicht alleine, aber mit Kontrolle über deine Figur. Du kannst handeln, erleben, verändern: ohne reale Konsequenzen, aber mit echter emotionaler Wirkung.
Und das ist kein Zufall. Studien zu narrativer Therapie und kreativem Schreiben zeigen, wie stark solche Prozesse auf Selbstwirksamkeit und psychische Gesundheit einzahlen. RPGs können ein Ankerpunkt für Selbstwert sein, besonders in herausfordernden Lebensphasen.
Quickfact
Stilentwicklung: Durch die ständige Reaktion auf andere Schreibstile wächst das eigene Sprachgefühl gerade bei Dialogen und emotionalen Szenen.
Sie machen verletzlich, aber sie machen auch stark. Denn man erkennt, was in einem steckt, wenn man jemand anderes spielt.
Kreativität als Suchtfaktor? Vielleicht. Aber eine verdammt guter.
Natürlich ist es ein kleines Suchtverhalten, wenn man nachts um halb zwei noch Szene um Szene tippt. Natürlich kostet es Zeit, Nerven, Konzentration. Aber was man dafür bekommt, ist mehr als eine Geschichte.
Es ist eine Art Selbstkontakt über Umwege, eine Art kreative Intimität mit Menschen, die man oft nie getroffen hat, aber besser kennt als die eigene Nachbarin.
Vielleicht macht RPG-Schreiben süchtig, weil es uns etwas zurückgibt, das im Alltag oft verloren geht: Tiefe. Verbindung. Ausdruck.
Was ihr mitnehmen könnt oder ausprobieren solltet
Wenn ihr noch nie RPG geschrieben habt, aber gerne in Geschichten eintaucht, dann probiert es aus. Vielleicht werdet ihr nicht sofort süchtig. Aber vielleicht erkennt ihr etwas in euch, das ihr so noch nie formulieren konntet.
Wusstet ihr schon…?
…dass RPGs oft der erste Schritt zu einer Autorenkarriere sind?
Viele Indie-Autor:innen berichten, dass sie durch RPGs überhaupt erst gelernt haben, längere Texte zu schreiben – mit Plot, Dialog und Tiefgang.
In den nächsten Artikeln zeige ich euch, wie ihr ein gutes RPG findet, wie ihr eine Figur erschafft, die lebt und worauf es beim Schreiben in Gemeinschaft wirklich ankommt.
Aber vorsichtig: Wer einmal eintaucht, kommt selten ganz zurück.
Quellen
- https://www.brain-effect.com/magazin/flow-produktivitaet
- https://magazin.schreibnacht.de/rpg-ein-netter-zeitvertreib-oder/
- Eigene Erfahrungen der Autorin



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